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*(Amazon-Affiliatelink: Blu-ray)
Der Meister des anspruchsvolleren
Unterhaltungskinos, Steven Spielberg, lieferte mit diesem Werk vor
einigen Jahren seit langem wieder mal einen sehr guten
Science-Fiction-Film für ältere Zuschauer ab. Die Vorgänger E.T.
(1982) oder A.I. (2001) waren doch deutlich für eine sehr junge
Zielgruppe gedacht. Literarische Vorlage für das Drehbuch lieferte
Philip K. Dick (1928-1982), der schon die Grundlagen für Streifen
wie Blade
Runner (1982) oder Total Recall (1990/2012) schuf.
Die Hauptstadt Washington D.C. im Jahr 2054. Nach
zirka 9 Jahren Testphase steht das sogenannte PreCrime-Programm kurz
davor, in den gesamten Vereinigten Staaten zugelassen zu werden.
Mithilfe von 3 mutierten Menschen, den Präkognitiven („Precogs“),
können Morde vorhergesehen und somit verhindert werden. Dadurch war
es möglich, die Kriminalitätsrate der Großstadt um 90 Prozent zu
senken. Doch es gibt immer noch Zweifel an der Methode, inhaltliche
wie juristische. Fehler könnten in der Vorhersage auftreten oder das
bleibende Paradoxon stören, jemanden zu verhaften, der noch gar kein
Verbrechen begangen hat. Leiter der PreCrime-Abteilung der Polizei
ist John Anderton (Tom Cruise), der schon viele Leute auf diese Weise
verhaftet hat. Doch eines Tages steht er plötzlich selbst unter
Mordverdacht. Er versucht nun auf eigene Faust, seine Unschuld zu
beweisen. Dafür braucht er die Minderheits-Aussage („Minority
Report“) des weiblichen Precogs Agatha (Samantha Morton).
Die Produzenten von Minority Report bieten hier
eine nicht ganz so düstere Zukunftsvision wie so manche Dystopien,
in denen oft die Menschheit kurz vor der kompletten Ausrottung steht
(wie z.B. in der Terminatorreihe).
Allerdings liegt der Schwerpunkt durchaus in einer pessimistischen
Sichtweise, in der es jedoch immer Hoffnung auf Besserung gibt. Die
Angst vor Totalüberwachung durch den Staat und der Wirtschaft ist
allgegenwärtig. „Big Brother is watching you“, das Zitat aus
1984 ist hier wirklich zutreffend, denn an jedem Ort werden die
Bürger über die Augen gescannt, um deren Identität festzustellen:
In der U-Bahn, im Einkaufszentrum, sogar in intimen Bereichen wie
Schlafzimmer oder Toilette. Der technische Fortschritt macht´s
möglich, teilweise ist dies ja heute schon der Fall. Desweiteren ist
die Sorge um Gen-Manipulationen und deren Folgen ebenfalls ein Thema
im Film. John sucht auf seiner Flucht die Genetikerin Dr. Hineman
(Lois Smith) auf, die als erste das Potential der Precogs erkannte.
Im Garten und im Gewächshaus ihres Anwesens trifft der Polizist auf
einige mutierte Pflanzen, die ihn angreifen und fast lähmen. Das
Thema „Drogenmissbrauch“ wird ebenfalls öfter aufgegriffen. Die
PreCogs bekamen ihre hellseherischen Fähigkeiten aufgrund einer
verunreinigten Droge, die ihre Eltern konsumiert hatten. Selbst John
ist seit dem Tod seines Sohnes abhängig von einer Droge namens
„Clarity“. Grundtenor des Blockbusters ist letztendlich die Angst
vor stetig steigender Kriminalität, die in einigen
nachrichtenähnlichen Einstellungen im Film dargestellt wird.
Erwähnenswert sind außerdem wiederkehrende
Symboliken im Ablauf. Religiöse Aspekte wie Heiligenschein oder
Engelhaftigkeit treffen auf die Hauptfigur respektive die
Präkognitiven zu, aber auch Scheinheiligkeit in Bezug auf den
Gründer von PreCrime, Lamar Burgess (Max von Sydow). Zudem wird das
"Sehen" ständig aufgegriffen, etwa in Form des Hellsehens
bzw. des Erkennens.
Der spannende Zukunftsfilm bietet wirklich so
ziemlich alles, was einen guten Hollywood-Blockbuster ausmacht:
Spannung, Emotionalität und tolle Optik. Natürlich ist hier mit
Spielberg jemand am Start, der sein Handwerk versteht und jede Menge
Erfahrung mitbringt, denn schon seit Ende der 1960er Jahre führt er
Regie. Im vorliegenden Fall zieht er gekonnt die kinematographischen
Register, die man benötigt, um einen erfolgreichen Film auf die
Leinwand zu zaubern. Die zahlreichen Szenen mit den Visionen der
Präkognitiven wurden durch ein besonderes Bleichverfahren
nachbehandelt, so dass ein unscharfes, verwaschenes Bild entsteht.
Die Tricktechnik ist gewohnt aufwendig und optisch beeindruckend: Zum
Beispiel in der Szene, als Chief Anderton in bester Dr. Kimble-Manier
in einem selbstfahrenden Wagen flieht, der magnetisch auf einer
mehrspurigen Autobahn sogar an Hochhauswänden entlangfahren kann
oder in jener Actionsequenz, die in einer vollautomatisierten
Autofabrik stattfindet. Besondere Spezialität des Regisseurs sind
die Lichteffekte, die schon in Unheimliche Begegnung der dritten Art
(1977) oder im schon erwähnten E.T. zur Genüge vorkamen. Hier sind
es oft dunkle Räume, die durch Licht von Lampen oder von außen
etwas erhellt werden und dem Ganzen eine kammerspielartige,
unangenehme Atmosphäre verleihen, die durch so manche Nahaufnahme
noch verdichtet wird. Auf der Farb-Ebene kommt hinzu, dass
Außenaufnahmen in der Stadt oft in einem Blau-Grau gehalten wurden,
das wiederum das Düstere hervorhebt. Diese Methodiken kommen auch im
klassischen Krimigenre des Film-noir zum Einsatz. Die Ausstattung ist
genauso phänomenal wie die CGI-Effekte, dafür ließen sich die
Macher extra von Futurologen beraten: Futuristische Autos und Waffen,
Hovercraft-Helikopter, kleine Roboter-Spinnen auf dünnen Beinen,
Werbe-Hologramme, interaktive Zeitungen/Zeitschriften oder
entsprechende Inneneinrichtungen. Bezüge zu anderen Filmadaptionen
gibt es ohnehin, im Besonderen jedoch zu Fahrenheit 451. Es sind etwa die Fliegenden Einheiten, also Polizisten mit
Raketenrucksäcken, die Anderton in Washington verfolgen und
verhaften wollen.
Ein paar musikalische Finessen bieten sich hier
ebenfalls. Während John das große interaktive Display im
PreCrime-Hauptquartier bedient, läuft Franz Schuberts „Unvollendete“
ab. Eine Anspielung auf unvollendete Werke und eine Betonung seiner
Bewegungen, die einem Dirigenten gleichkommen. Später, als der
Hauptdarsteller zusammen mit Agatha durch ein großes Kaufhaus rennt,
läuft im Hintergrund das Lied „Moon River“, sehr bekannt aus dem
Film Frühstück bei Tiffany (1961). Der Liedtext thematisiert die
rastlose Suche der Menschen nach Ruhe, Heimat und Geborgenheit, genau
wie die beiden in diesem Sci-Fi-Streifen.
Störend für manchen
Zuschauer dürfte wohl das intensive Product Placement gewesen sein.
In vielen Einstellungen werden bekannte Marken dargestellt, da ist es
nicht verwunderlich, dass der Film einige Jahre den Rekord für die
meisten Produktplatzierungen innehatte. Dieser wurde erst durch den
James Bond-Streifen Skyfall im Jahr 2012 übertroffen.
Nichtsdestotrotz gab es einige Auszeichnungen wie etwa den
Saturn-Award in mehreren Kategorien und eine Oscarnominierung für
den besten Tonschnitt 2003. 2015 gab es eine Serie mit gleichem
Titel, die aber bereits nach einer Staffel mit 10 Episoden wegen
schwacher Quoten eingestellt wurde.
Sehr guter Zukunftsfilm, der zum Nachdenken anregt. Ein paar Szenen sind etwas merkwürdig und hätte man auch weglassen können, deshalb gibt es hier einen kleinen Abzug. Gesamtnote: "Ausgezeichnet". 9 von 10
möglichen Sternen: ⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐⭐✰
Daten zum Film:
Spielfilm, USA 2002, ca. 145 Min., FSK:
12. Darsteller: Tom Cruise, Colin Farrell, Samantha Morton, u.a.
Musik: John Williams. Drehbuch: Scott Frank, Jon Cohen. Produktion:
20th Century Fox, Dreamworks. Regie: Steven Spielberg.
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